Wie der Klimawandel das Pflanzenwachstum verändert

Pflanze im Labor
Die Ackerschmalwand dient in der Forschung häufig als Modellorganismus. Bild: Markus Scholz

In der aktuellen Ausgabe der international renommierten Fachzeitschrift „Current Biology“ präsentiert die Gruppe neue Erkenntnisse über den Mechanismus, der das Wachstum bei hohen Temperaturen steuert. Dies könnte dabei helfen, künftig wärmetolerantere Pflanzen zu züchten.
Pflanzen reagieren viel sensibler als Tiere auf Temperaturschwankungen. Zudem können sie sich  nicht bewegen, um an einen wärmeren oder kälteren Ort zu gelangen. „Bei steigenden Temperaturen wachsen Pflanzen vor allem in die Länge, um sich abzukühlen: Ihr Spross wird länger, die Blätter werden schmaler und stehen weiter voneinander ab. Dadurch wird die Pflanze jedoch insgesamt instabiler“, sagt der Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Marcel Quint von der MLU. Das mache sich zum Beispiel auch bei der Ernte von Getreide bemerkbar: Instabilere Pflanzen knicken etwa bei Regen eher ab und produzieren generell weniger Biomasse. Gleichzeitig kann der Anteil an wichtigen Inhaltsstoffen wie Proteinen sinken, die im Getreidekorn eingelagert werden können.

„Während der Zusammenhang zwischen Temperatur und Pflanzenwachstum auf der Makroebene einigermaßen gut verstanden ist, gibt es auf der molekularen Ebene noch viele Fragezeichen. Wir beginnen erst zu verstehen, wie die Pflanze die neue Temperatur erkennt und in konkrete Reaktionen übersetzt“, so Quint weiter. So haben frühere Studien gezeigt, dass das Protein PIF4 das Pflanzenwachstum direkt steuert und dass das Protein gleichzeitig temperaturabhängig ist: Ist es kalt, ist PIF4 wenig aktiv – also wächst die Pflanze nicht. Bei höheren Temperaturen aktiviert PIF4 wachstumsfördernde Gene und die Pflanze wächst in die Länge. „Bisher war aber nicht klar, woher die Pflanze weiß, wann sie wieviel PIF4 aktivieren soll. Der genaue Signalweg für ein temperaturgesteuertes Wachstum hatte große Lücken“, sagt Quint.

Und genau das hat die hallesche Forschergruppe jetzt herausgefunden. Sie untersuchte dafür das Wachstumsverhalten von Keimlingen der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana). Normalerweise bilden ihre Keimlinge bei Temperaturen um 20 Grad Celsius kurze Stengel aus, bei 28 Grad werden die Stengel dagegen deutlich länger. Im Labor identifizierten die Wissenschaftler Pflanzen mit einem Gendefekt, die auch bei 28 Grad Celsius nur kurze Stengel bildeten. Dann suchten sie nach möglichen Ursachen für das ausgebliebene Wachstum. Fündig wurden sie bei einem Hormon, das bei hohen Temperaturen dafür sorgt, dass das PIF4- Gen verstärkt angeschaltet und so das Protein gebildet wird. In den mutierten Pflanzen fehlte diese Reaktion. „Wir haben jetzt die Rolle dieses speziellen Hormons in diesem Signalweg entdeckt und so erstmals einen Mechanismus gefunden, über den der Wachstumsprozess bei Wärme positiv reguliert wird“, fasst Quint zusammen. Die Studie stellt den Abschluss eines Forschungsprojekts dar, das bis Ende 2016 von der Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurde und jetzt in einem Folgeprojekt, ebenfalls durch die DFG gefördert, weitergeführt werden soll.

Die Erkenntnisse der halleschen Arbeitsgruppe können künftig dabei helfen, Pflanzen zu züchten, die auch bei höheren Temperaturen standfest bleiben und ausreichende Erträge liefern können. Dafür müssen aber zunächst die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung an Modellpflanzen auf Kulturpflanzen, wie Getreide, übertragen werden.

Eine Publikation der Universität Halle

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein