Der Wintereinbruch mit starkem Frost und Schneefall Ende April hat die Baselbieter und Basler Obst-, Beeren und Weinbauern besonders schwer getroffen. Der Schaden an den Kulturen beläuft sich auf rund 19 Mio. Franken, was nahezu einem Totalausfall entspricht. Der Kanton Basel-Landschaft steht den betroffenen Betrieben mit Sofortmaßnahmen zur Seite und zählt auf Unterstützung vom Bund.
Das Baselbiet ist schweizweit bekannt für seine Kirschen- und Zwetschgen. Die Marktanteile an der gesamtschweizerischen Produktion betragen bei Industriekirschen zwei Drittel, bei den Tafelkirschen einen Drittel und bei den Tafelzwetschgen einen Viertel. Auch Beeren und Weintrauben sind von großer Bedeutung für die Region. Der ausnehmend starke Frost nach rekordhohen Februar- und Märztemperaturen zerstörte die mit viel Aufwand gepflegten Kulturen.
Katastrophale Schäden bei Spezialkulturen
Das Landwirtschaftliche Zentrum Ebenrain (LZE) hat den Schaden gemeinsam mit dem Baselbieter Obstverband, dem Weinproduzentenverband Basel/Solothurn und dem Bauernverband beider Basel analysiert und Massnahmen besprochen. „Es gibt keine marktfähigen Tafelkirschen dieses Jahr, bei den Industriekirschen stehen wir vor 95% Ausfall und bei Äpfeln werden wir höchstens 25% einer Normalernte einfahren“, stellt Ernst Lüthi, Präsident des Baselbieter Obstverbands fest. Katastrophal sieht die Lage auch im Weinbau aus: „Sämtliche Austriebe in den Rebbergen sind abgefroren, wir rechnen mit einem Totalausfall und müssen auch von Schäden an den Weinstöcken ausgehen“, bestätigt der Muttenzer Weinproduzent Urs Jauslin. Auch Ackerkulturen und Wiesen erleiden Schäden, Bauernverbandspräsident Andreas Haas erwartet einen stark reduzierten ersten Heuschnitt, weil das Gras abgefroren ist.
Der gesamte Schaden ist erst in einigen Wochen, je nachdem erst bei der Ernte quantifizierbar. Nach heutigem Wissensstand gehen die Verbände und das LZE von rund 19 Mio. Franken aus. Das sind 20% des gesamtschweizerischen Schadens (rund 100 Mio. Franken). Zahlreiche Betriebe sind in ihrer Existenz bedroht.
Liquidität sichern und Arbeitsausfälle entschädigen
„Viel Herzblut, Arbeit und Kapital steckt in den Spezialkulturen. Die Not der Bauern trifft uns sehr“, erklärt Ebenrainchef Lukas Kilcher, „Wir suchen daher nach Möglichkeiten, die Obst- und Weinbauern in dieser Katastrophe rasch und wirkungsvoll zu unterstützen“. Kommt dazu, dass Spezialkulturen am wenigsten der flächengebundenen Direktzahlungen erhalten, daher seien Produzenten solcher Kulturen besonders verletzlich.
Im Dialog mit der Branche hat das LZE eine Reihe von Maßnahmen aufgenommen, welche teilweise noch der Zustimmung von Bund und Kanton bedürfen:
Bei finanziellen Engpässen kann das LZE den Betroffenen mit einer Stundung eines Investitionskredits oder mit einem zinsfreien Betriebshilfedarlehen helfen. Dazu wird das LZE beim Kanton eine Aufstockung des Finanzrahmens für Betriebshilfen beantragen.
Die Kurzarbeitsentschädigung als Instrument der Arbeitslosenversicherung kann den Arbeitsausfall für die Betroffenen mit betriebsfremden Mitarbeitern ersetzen. Der Bund klärt diese Möglichkeit momentan ab und wird den Kantonen entsprechende Weisungen erteilen. Im Kanton Basel-Landschaft ist für die Erteilung der Bewilligung von Kurzarbeit das KIGA zuständig. Das LZE steht in engem Kontakt mit dem KIGA.
Für Ertragsausfälle gibt es praktisch keine Versicherungen. Die Branche und das LZE tragen den Wunsch nach Bern, hierzu gesetzliche Grundlagen zu schaffen. Nötig wäre eine Versicherung der Ernte im Falle eines Totalausfalls wie heuer. Denn gepflegt werden müssen die Spezialkulturen auch ohne Ernte, diese Arbeit muss finanziert werden können.
Aufgrund des Klimawandels ist generell mit gehäuften Extremwetterereignissen wie Spätfrösten, Trockenheit und Hitzewellen zu rechnen. Langfristig gilt es daher, mit den richtigen Strategien im Anbau dem Klimawandel zu begegnen. Dazu braucht es entsprechende Prioritäten in der Forschung und Beratung.
Baselland erwartet Unterstützung aus Bern
Regierungspräsident Thomas Weber, Vorsteher der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion, steht in direktem Kontakt mit Bundesrat Johann Schneider-Ammann, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung, zur Thematik des Schadensausmasses in unserer Region, eine der meist betroffenen in der Schweiz und gleichzeitig eine der wichtigsten Spezialkulturproduzenten. „Im Dialog mit dem Bundesrat sucht der Kanton nach Lösungen, um die direkt betroffenen Produzenten vor existenziellen Nöten zu bewahren“, erklärt Regierungsrat Thomas Weber.