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Mittwoch, Oktober 15, 2025

Bienen und Fliegen wirken ähnlich wie Pflanzenzüchter

Ohne Bestäuberinsekten läuft wenig: Bienen, Fliegen oder etwa Schmetterlinge übertragen die männlichen Pollenkörner auf die Narbe des weiblichen Griffels einer Pflanze und sichern dadurch deren Fortpflanzung. Nun zeigen Forscher vom Institut für Systematische und Evolutionäre Botanik der Universität Zürich, dass Bestäuberinsekten auch die Evolution von Pflanzen überraschend stark beeinflussen.

Hummelbestäubte Pflanzen duften stärker

Für ihr Experiment verwendeten UZH-Professor Florian Schiestl und Doktorand Daniel Gervasi den Rübsen – eine Pflanze aus der Gattung des Kohls und ein naher Verwandter des Raps. Die Forscher liessen eine Pflanzengruppe über neun Generationen lang nur von Hummeln bestäuben, eine andere nur von Schwebefliegen, und eine dritte bestäubten sie von Hand. Danach analysierten sie die bestäubten Pflanzen, «die sich erstaunlich deutlich unterschieden», wie Florian Schiestl erklärt. Die von Hummeln bestäubten Pflanzen waren grösser und hatten stärker duftende Blüten mit mehr UV-Farbanteil – eine Farbe, die von Bienen und ihren Verwandten gesehen wird. Die von Schwebefliegen bestäubten Pflanzen hingegen waren kleiner, ihre Blüten dufteten weniger und bestäubten sich deutlich mehr selbst.

Der Mechanismus der evolutiven Veränderung besteht laut Florian Schiestl darin, dass unterschiedliche Bestäuber sich in ihren Präferenzen unterscheiden, und sie daher eine Auslese treffen, ähnlich wie es ein Pflanzenzüchter machen würde. Die Zunahme der Selbstbestäubung ist auf die deutlich geringere Bestäubungseffizienz der Fliegen zurückzuführen. Die Pflanzen helfen sich sozusagen selbst, wenn der Bestäuber zu wenig Pollen überträgt.

Zwei Kisten mit Raps
Rübsen: nach 9 Generationen von Hummeln bestäubt (links) oder von Schwebefliegen (rechts) (Bild: UZH)

Bestäuberinsekten beschleunigen Evolution

Dass sich die Pflanzen bereits nach neun Generationen so stark veränderten, überraschte die Forscher: «Traditionell geht man davon aus, dass die Evolution langsam verläuft», erklärt Florian Schiestl. Der UZH-Evolutionsbiolge zieht aus seinen Ergebnissen folgendes Fazit: «Eine veränderte Zusammensetzung von Bestäuberinsekten in natürlichen Lebensräumen kann einen rapiden evolutiven Wandel bei Pflanzen bewirken.» Dies ist von besonderem Interesse, da bestimmte Bestäuberinsekten, beispielsweise Bienen, durch starken Pestizideinsatz und Verarmung der Landschaft in den letzten Jahrzehnten massiv dezimiert worden sind. Es wäre laut Florian Schiestl denkbar, dass Pflanzen daher vermehrt auf Fliegen als Bestäuber angewiesen sind. Dies hätte die Evolution von schwächerem Blütenduft und mehr Selbstbestäubung zur Folge. Längerfristig würde dadurch die genetische Variabilität einer Pflanzenpopulation geschmälert und die Pflanzen würden krankheitsanfälliger.

Quelle: Universität Zürich

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