Bis 2040 sollen die Schweizer Gewächshäuser fossilfrei beheizt werden. So sieht es die Strategie der Gemüseproduzenten vor. Direktor Matija Nuic erklärte die Strategie passend dazu in einem Gewächshaus, das seit letztem November fossilfrei beheizt wird.
Das Gewächshaus der Gebrüder Meier im zürcherischen Buchs hat beeindruckende Masse und Salate sind zu sehen, so weit das Auge reicht. Rund 600’000 der Salate wachsen hier. Nicht in Erde, nicht in Substrat, sondern in Hydrokultur in Wasserrinnen. Dank dem ausgeklügelten System können deutlich mehr Salate auf derselben Fläche angebaut werden als üblich.
Deshalb brauche es weniger Pflanzenschutzmittel, Nährstoffe und Wasser, erklärt Fritz Meier. Was nicht sichtbar ist: Das Gewächshaus nimmt eine Vorreiterrolle ein, wird seit November 2022 ohne fossile Stoffe beheizt. Seither übernimmt eine Wärmepumpe die Aufgabe der bisherigen Gasheizung. Nutzen können Meiers die Abwärme der Kläranlage, die gleich neben dem Betrieb liegt. Die optimalen Voraussetzungen, um die Vorgaben der Energiestrategie des Verbandes Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) zu erfüllen.
80% bis 2030
Die Ziele des Verbandes: Bis Ende 2030 sollen die Gewächshäuser zu 80% ohne fossile Brennstoffe laufen, bis Ende 2040 zu 100%. Eine Strategie, die herausfordernd ist, wie VSGP-Direktor Matija Nuic an einem Anlass des Schweizer Agrarjournalisten-Verbandes (SAJ) in Buchs aufzeigte.
Mit Massnahmen wie Wärmeschirmen oder besserer Isolation habe schon einiges erreicht werden können, so Nuic. Die CO2-Emissionen pro Fläche seien damit um 35% gesenkt worden. «Wir konnten mit diesen wirtschaftlichen Massnahmen vieles umsetzen, fragten uns aber, wo wir noch was rausholen können», erklärte Nuic. Als der Verband begonnen habe, sich intensiver damit zu befassen, habe man gesehen, dass dies auch dem Wunsch der Abnehmer und der Konsumentinnen und Konsumenten entspreche. «Wir müssen Mehrwerte liefern. Wenn wir zeigen können, dass eine Tomate oder eine Gurke aus der Schweiz auch bezüglich Energieeinsatz nachhaltiger ist, ist das ein gutes Argument im Verkauf.»
Ziel in Etappen erreichen
Es sei von Anfang an klar gewesen, dass die Produzenten nicht von heute auf morgen umstellen können. So hatten Betriebe erst kürzlich in neue Anlagen investiert. «Wir mussten einen Zeithorizont vorgeben, der eine Amortisation der Investitionen zulässt», erklärt der VSGP-Direktor. Zudem gebe es nach wie vor kleinere, ältere Gewächshäuser. So berücksichtigte der Verband, dass es Betriebe gibt, die vor die Wahl gestellt werden: Umstellen auf die fossilfreie Produktion oder Neuausrichtung ohne Gewächshäuser oder auf Kalthäuser. «Auch diesen Betrieben müssen wir die Zeit zur Entwicklung geben», sagt Matija Nuic. Kommt hinzu: In der Landwirtschaftszone ist die Umsetzung grösserer Projekte oft erschwert – etwas wovon auch die Gebrüder Meier ein Lied singen können, was ihre Salatproduktion angeht.
Weil Klima in der politischen Agenda mittlerweile weit oben steht, gibt es immer mehr technische Möglichkeiten, CO2-Reduktionen zu erreichen. Bis diese marktreif sind, braucht es aber seine Zeit. Und wieso die Etappen? Wenn die Branche einfach sage, die Gewächshäuser seien bis 2050 fossilfrei, sei das ein viel zu langer Horizont und in der Zwischenzeit seien keine Fortschritte ersichtlich. Deshalb sei rasch klar gewesen, dass in den zwei Etappen gearbeitet werde, erklärt Nuic.
Problem Spitzenlast
Bei den Gewächshäusern macht die Grundlast rund 80% des Energiebedarfs aus, die Spitzenlast liegt bei 20%. Diese kurzen Energiespitzen entstehen, wenn etwa Schnee auf dem Dach liegt, ein starker Temperabschwung erfolgt ist oder Feuchtigkeit aus dem Gewächshaus raus muss. Das Problem bei der Spitzenlast ist, dass diese rasch vorhanden sein muss. So kommt ein Betrieb in die Gefahr, dass er etwa eine überdimensionierte, unwirtschaftliche Holzheizung betreiben muss, um für eine Energiespitze gewappnet zu sein. Bis Ende 2030 soll deshalb vorerst die Grundlast fossilfrei gedeckt werden können, bis Ende 2040 auch die Spitzenlast. Weiterhin erlaubt bleibt ein fossiler Notbetrieb, um die Ernte im Fall eines Ausfalls der Heizung nicht zu gefährden.
Positives erstes Fazit
Gedeckt werden die Kosten teils über den Markt, teils über Förderprogramme. In Schnitt wird ein Betrieb rund 30’000 Franken pro Jahr via Förderprogramm erhalten. Was nach viel töne, relativiere sich, da eine neue Heizung ein Vielfaches koste und ohne Investitionshilfen vorfinanziert werden müsse, sagt Nuic.
Der Verband hat im vergangenen Herbst nach zwei Jahren ein Zwischenfazit gezogen. 78 Projekte waren bis dahin bei myclimate angemeldet – darunter neben Gemüse- auch Zierpflanzenbetriebe. Geht der VSGP von jenen aus, wo die Wahrscheinlichkeit einer Umsetzung gross ist – also z.B. keine Probleme mit Baugesuchen erwartet werden – entspräche dies einer Reduktion von 28’500 Tonnen CO2 pro Jahr. Das entspricht rund einem Viertel der Emissionen. «Im Wissen, dass wir bis zum ersten Reduktionsziel bis 2030 Zeit haben, sind das sehr gute Zahlen», zieht Matija Nuic ein positives Zwischenfazit. Es brauche aber Zeit und hohe Investitionen. Er bewundere jeden Betrieb, der mitmache und auch jene, welche die schwierige Entscheidung treffen, 2030 auszusteigen.